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Es wächst...

Mit dem Gemeinschaftsgarten wuchsen Ökologisches und Soziales zusammen. Eine Gruppe von Leuten, die keine Mühen scheute, verwandelte die brach liegende Fläche rund um das Waldhüttl bis zum Sommer 2013 in eine grüne Oase. Seitdem sind rund 50 Gärtnerinnen und Gärtner an dem Gartenprojekt beteiligt und bewirtschaften zu zweit jeweils ein Beet. Seit heuer sind auch die Flüchtlinge von „nebenan“ dabei. Die restlichen Flächen werden gemeinschaftlich genützt, jeder kann Ideen einbringen, Initiativen setzen. Mehr als ein Projekt mit Generalplan und fixem Konzept wurde das Waldhüttl damit zu einem Ort, an dem Kreativität und Eigenengagement laufend Neues entstehen lässt.

Neben den Tandem-Beeten wuchs der Garten im Laufe der Zeit um viele andere Flächen und Räume: Eine „essbare“ Landschaft aus Obstbäumen und Beerensträuchern wurde konzipiert; ein Kräuter- und Geschenkegarten lädt Besucher und vorbeigehende Wanderer ein, sich etwas mitzunehmen, „denn auch die „armen“ Roma genießen es, etwas schenken zu dürfen“, erklärt Jussuf. Ein großer Gemeinschaftsacker im östlichen Teil des Grundstücks soll zusätzlich zu den Beeten Anbaufläche für Kartoffel und platzeinnehmende Gemüse wie Kürbisse oder Bohnen bieten. Selbstverständlich gibt es auch Tiere: Hühner und Enten, auch Bienenstöcke, die für die Bestäubung der Bäume und vieler Pflanzen unverzichtbar sind. Ein Ententeich, mehrere Biotope und ein Spielplatz mit Baumhaus sind Lieblingsplätze der Kinder, das Tippi mit Feuerplatz für Feste, Workshops oder andere Versammlungen genutzt wird. Seit letztem Jahr gibt es auch eine aus Holz gebaute Sauna im unteren Teil des Gartens mit integriertem Glashaus für tropische Pflanzen. Ein Experiment, wie Kai Längle erklärt. Er ist seit 2015 neuer Projektkoordinator und somit Nachfolger des Pionierpaars Daniel und Miriam. Der „Wellness- Bereich“ symbolisiert das, was Kai als eine die verschiedenen Aspekte des Waldhüttl- Projekts verbindende Idee bezeichnet: Wärme und Wohlgefühl. Das soll den Menschen, die ins Waldhüttl kommen, vermittelt werden.

Vom Geben und Nehmen

Beim Gärtnern geht es neben der Freude am Pflanzen und Ernten auch um Folgendes: Sich-Üben im Teilen und im Für- und Zusammenarbeiten; denn wer genau für welche Arbeit verantwortlich ist, und wann etwa die Früchte der essbaren Landschaft oder des Gemeinschaftsackers geerntet werden, ist nicht unbedingt im Vorhinein reglementiert, sondern entsteht im Gespräch oder als indi- viduelle Vereinbarung, die auch oft von eigenen Moralvorstellungen bestimmt wird. Der Grundsatz lautet: Jeder soll sich das nehmen, was er braucht. Hat man eine große Familie, dann kann und soll man auch großzügiger ernten dürfen als eine Einzelperson. Auch am Gemeinschaftsacker, am Kräuterbeet oder am Geschenkegarten darf sich jeder bedienen – auch dann, wenn man nicht regelmäßig an der Pflege des Bereichs teilgenommen hat. Denn vielleicht hat man sich dafür ja am Freihalten der Wege von Unkraut oder zum Beispiel an der Reparatur von Zäunen betätigt. Man kann es also wie ein Rad sehen, in dem Geben und Nehmen nicht eins zu eins abgegolten, wie wir es normalerweise durch das System des monetären Tausches gewöhnt sind. Vielmehr ist es die Fortführung eines dynamischen Ganzen, die Freude am Mitwirken und an der Entstehung gemeinschaftlicher Projekte. Das Prozesshafte sorgt für Spannung, denn niemand weiß genau, was morgen passiert. Es ist aber auch eine Herausforderung, denn oft gibt es verschiedene Interessen und Vorstellungen, die vereint werden müssen. Es ist ein Lernprozess in Sachen gemeinschaftlichen Agierens.