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Der Ursprung

Als ich vor ein paar Wochen den Gründungsvater des Projekts, den Innsbrucker Jussuf Windischer, zu einem Interview fürs Radio traf, sagte dieser schon in den ersten Minuten einen grundlegenden Satz: „Ich glaube, Widerstand ist auch eine Voraussetzung für ein freies Leben. Um die Menschenrechte umzusetzen und zu wahren, braucht es Widerstand.“ Es ist daher vielleicht kein Zufall, dass das Waldhüttl-Projekt ausgerechnet an einem Ort begründet wurde, an dem sich der Innsbrucker Widerstand gegen den Nationalsozialismus während des Krieges versammelt hat. Damals war das Gebäude ein Bauern- und Gasthaus. Durch seine Abgeschiedenheit am Waldesrand eignete es sich wohl als Treffpunkt der Gruppe, 1943 wurde sie jedoch verraten. Nur einer davon, der Innsbrucker Heinz Mayer, überlebte die Deportation ins KZ Buchenwald. Heute erinnert eine Gedenktafel an der Hauswand des Waldhüttls an diesen Pionier der Auflehnung gegen Rassismus und Faschismus.

Bei der Gründung des Waldhüttl-Projekts 13 Jahre nach Mayers Tod sollte dieser Widerstand aus heutiger Sicht weitergelebt werden. Aus dieser Motivation heraus und aus- gelöst durch eine Notlage von wohnungslosen Roma-Familien in Innsbruck wurde der fast verfallene Bauernhof von damals Mitte 2012 grundsaniert und erweitert. Das Haus und das umliegende Land waren schon seit längerer Zeit im Besitz des Stiftes Wilten, das den Grund nun als zukünftige Unterkunft für zeitweise in Innsbruck lebende Roma zur Verfügung stellte.

Wir kennen Roma in Innsbruck als Straßenmusiker in der Innenstadt oder als geduldige Zeitungsverkäufer vor den Supermärkten. Doch dass diese Menschen aus Rumänien oder der Ostslowakei während ihrer Aufenthalte in Innsbruck im Freien am Boden oder zusammengedrängt in einem Auto schlafen mussten, wollte kaum jemand bemerken. Auch dass es sich dabei zumeist um Familienväter handelt, die den größten Teil des Monats versuchen, in Innsbruck Geld zu verdienen, um es dann zu ihren Großfamilien nach Hause in die Dörfer zu bringen, wo es keine Arbeit gibt.

Jussuf, damals Leiter des Innsbrucker Integrationshauses, bemerkte die Not dieser Menschen und beschloss, sich zu engagieren. Zunächst öffnete er die Kapelle des Innsbrucker Integrationshauses als Notunterkunft für die Roma. Mit dem Zur-Verfügung-Stellen des Grundstücks Waldhüttl durch den Abt von Wilten konnte dann aber eine langfristige, bessere Wohnmöglichkeit für die Roma gefunden werden. Eine Vinzenzgemeinschaft unter der Obhut von Jussuf Windischer wurde gegründet. Nach einer umfangreichen Sanierung, an der vor allem die handwerklich sehr geschickten Roma selbst beteiligt waren, wurde das Wohnprojekt Waldhüttl im November 2012 eröffnet. Seitdem leben dort im Schnitt zwischen 15 und 30 Roma. Zusätzlich zum Wohnbereich der Roma wurde im oberen Teil des Hauses auch eine Herberge für vorbeikommende Pilger oder Rucksackreisende eingerichtet. Wenn Letztere, von denen die meisten aus Vergnügen reisen, mit Roma oder Flüchtlingen aus dem nahegelegenen Flüchtlingsheim Mentlberg aufeinander treffen, entstehen fruchtbare Begegnungen: „Es kamen schon die verschiedensten Menschen zu uns, Weltreisende, Aussteiger, Intellektuelle, Mönche, Fliehende, Jugendliche auf der Suche nach Abenteuer ... es kamen auch schon Verrückte! Aber auch sonderbare Menschen gehören zum Leben...“, erzählt Jussuf mit einem Schmunzeln.

Außer den Vorbeikommenden sind es aber die Roma, die seit 2012 kontinuierlich das Waldhüttl bewohnen und hier ihr österreichisches Zuhause gefunden haben. Sie zahlen keine Miete, arbeiten im Gegenzug aber bei der Instandhaltung des Hauses und bei der Bewirtschaftung des Grundstückes mit, das mit einer Fläche von 6.000 Quadratmetern viele Nutzungsmöglichkeiten bietet.

Die erste Idee einer zusätzlichen Nutzung des Grundstücks ließ nicht lange auf sich warten: Das Vorarlberger Paar Daniel Baumgartner und Miriam Hammer, das schon kurz nach der Sanierung des Hauses als Projektkoordinatoren und Bezugspersonen für die Roma einzog, erfüllte sich hier einen lang gehegten Lebenstraum: einen großen Garten, den sie mit anderen gemeinsam bearbeiten wollten.