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Die Ernte

„Durch den Gemeinschaftsgarten ist es gelungen, das etwas entlegene Waldhüttl zu beleben und es nicht zu einem ‚Sozialghetto‘ für Roma werden zu lassen“, erzählt Jussuf. Denn das Haus will nicht nur eine Herberge, sondern vielmehr ein Ort der Begegnung sein. Also, wie gelingt es, Menschen aus den unterschiedlichsten Sprachräumen und Religionen, mit ihren kulturellen Eigenheiten, zusammenzubringen? Bewusst wurden im Waldhüttl Orte geschaffen, wo Begegnungen auch abseits der Arbeit möglich sind: Im ehemaligen Zuhäusl des Bauernhofs wurde eine öffentlich zugängliche Kochstelle eingerichtet und eine mit Teppichen und Pölstern ausgebettete Lese- und Meditationsfläche geschaffen. Die an Haupthaus angebaute, etwas verfallene Scheune wurde von drei Architekturstudentinnen neu auf- und ausgebaut – sie dient heute als Veranstaltungsort für Feste, Konzerte, Filmvorführungen, Work- shops etc.

Im Sommer, wenn im Waldhüttl die „Abenteuer- und Friedenscamps“ für Jugendliche stattfinden, verwandelt sich ein Teil der Scheune in ein Matratzenlager. Für ein gemütliches Zusammensein am Nachmittag oder in lauen Sommernächten gibt es die Laube im Garten mit Pizzasteinofen und Feuerplatz. Das alles soll aber auch kein Zwang sein, betont Jussuf, es soll eher die Folge der Lust an Begegnung sein, des Interesses für den anderen. Veranstaltungen gibt es deshalb nur dann, wenn sie von jemandem aus Eigeninitiative gesetzt werden. Die Romafeste, die immer wieder stattfinden, werden selbstverständlich von den Roma selbst organisiert. Sie sind es dann auch, die kochen und musizieren.

Die Menschen, die heute das Waldhüttl-Projekt am Waldrand westlich von Innsbruck beleben und weiterdenken, sehen diesen Ort als eine Chance des Austausches unterschiedlicher Ideen und Fähigkeiten, als eine Talentebörse. Es ist aber auch ein Ort des sanften Widerstands gegen die Individualisierung unserer Gesellschaft, die Industrialisierung unserer Lebensmittel und die Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal anderer. Es ist ein stilles Gegenbeispiel zur Diskriminierung, die viele Minderheiten oder Asylsuchende erfahren. Im Waldhüttl sollen sich diese Menschen willkommen fühlen und Anteil haben an unserer Gesellschaft, aber auch einfach Ruhe finden können in der Natur, die für alle Menschen da ist.

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